Der Hochaltar aus 1898 ist nach erfolgreicher Restaurierung in einer Stettiner Restaurierungswerkstatt wieder zurückgekehrt.
Wie bereits ausführlich berichtet, wurden im Rahmen der nachkonziliaren Neugestaltung unserer Pfarrkirche zahlreiche Ausstattungsgegenstände aus der Zeit der Neugotik entfernt oder drastisch verändert. Diese Maßnahmen waren nicht nur durch die Liturgiereform, keine Messen nach tridentinischem Ritus mit dem Rücken zum Volk zu feiern, bestimmt, auch galt die Neugotik des 19. und 20. Jahrhunderts nicht als eigenständige Kunstrichtung und daher als nicht erhaltenswert, was sich in Kirchenabrissen bis in die 1980er Jahre artikulierte. Während die beiden Seitenaltäre im Marien- und Josefschor ihrer Mensen und Predellen als basisgebende Elemente beraubt nur als Holzkästen an die Wände verbannt wurden, ereilte den Hochaltar ein weitaus zerstörerisches Schicksal. Die steinerne Altramensa wurde zerstört, die Predella, also der Übergang vom Altartisch zu den Reliefs, ins Pfarrarchiv ausgelagert, Tabernakel und das Expositorium zur Aussetzung des Allerheiligsten zerstört oder entfernt. Dazu wurden nahezu alle Basen und Bekrönungen der assistierenden Figuren entfernt, einige Skulpturen sind Opfer von Diebstählen geworden.
Wir standen als Kirchbauverein also vor einer großen Herausforderung, die vorhandenen Teile des Altars wieder in ihre historische Konzeption zu bringen, zumal wenig verwertbares historisches Bildmaterial verfügbar war, das insbesondere verlorene Details des Altars darstellte. Durch einen Zufall konnte im saarländischen St. Wendel ein Altar desselben Künstlers aus 1898 gefunden werden, anhand dessen viele Fragen zur Rekonstruktion geklärt werden konnten. Die Stettiner Restaurierungswerkstatt Wieslaw Raczewski und Cezary Kisielewicz, unterstützt durch Herrn Dr. Christoph Christ-Cirotzki aus Rendsburg, erhielt daher von der Kirchengemeinde den Auftrag, anhand der Datenlage die vorhandenen Teile am alten Vorbild neu zu konzipieren und dafür notwendige Teile in einfacheren Formen zu ergänzen.
Diese Werkstatt, die bereits mit der Restaurierung des Marienaltares in Anrath ihre Restaurierungskompetenz bewiesen hat, konnte mit der Ausführung dieses Auftrages im höchsten Maß überzeugen: Der vorhandene Bestand wurde sorgfältig gereinigt, restauriert und stabilisiert. Die fehlenden Figuren, besonders die des hl. Sebastians als für Anrath wichtigem Patron der Schützen, wurden rekonstruiert. Der historische Tabernakelkasten aus der Erbauungszeit nimmt den modernen vergoldeten Tabernakal aus 1969 auf, so dass dieser wieder im Zentrum des Altares positioniert ist.
Nach 55 Jahren bildet der Hochaltar, der wie wenige Kunstgegenstände unserer Pfarrkiche auf unseren Pfarrpatron hinweist, wieder den optischen und liturgischen Abschluss im Chor der Kirche. Die Gesamtkosten von ca. € 100.000,- wurden zum überwiegenden Teil vom Kirchbauverein St. Johannes Anrath e.V. übernommen, die Differenz finanzierte die Kirchengemeinde.
Mit bestem Gruß
Ulrich Bons
1. Vorsitzender des Kirchbauvereins St. Johannes Anrath e.V.