Die Kirche St. Mariä Empfängnis, die Geschichte der Pfarre und die Kapelle Klein Jerusalem

CAM00150 (c) Julia Klütsch
Zur Geschichte der Pfarre, der Kirche und des Ortes Neersen

Die heutige Pfarre St. Maria u.E. (unbefleckte Empfängnis) ist mit ca. 3000 Katholik*innen die kleinste der vier Willicher Pfarreien und blickt auf eine wechselvolle Geschichte zurück:

Der Stadtteil Neersen leitet seinen Namen von dem kleinen Fluss Niers ab . Der Ort Neersen entstand in der ersten Hälfte des 13. Jahrhunderts als Burgsiedlung. Die von den Vögten gegründete Siedlung vor der Burg hieß im 15. Jahrhundert Nerstraeß und bestand aus acht kleinen bäuerlichen Anwesen. Der Ort wuchs in den ersten Jahrhunderten sehr langsam. Um 1550 wurden 30, um 1660 51 und um 1800 200 Häuser gezählt. Heute hat Neersen ca. 6200 Einwohner.

Die kirchliche Betreuung Neersens geschah früher von Anrath aus. Die Pfarrgründung erfolgte erst 1798. Bis dahin lagen die wichtigsten Rechte bei der Pfarre Anrath. Bis zur Errichtung einer eigenen Kirche konnten die Bewohner des Ortes nur an den Gottesdiensten in der Schlosskapelle teilnehmen. Arian von Virmond stiftete die erste Neersener Kirche.
In der Stiftungsurkunde vom 25. März 1652 heißt es unter anderem: Der Freiherr verfügt, dass er „hieselbt zu Neersen in der Freyheit“ eine Kirche bauen wolle. Er widmet sie der Jungfrau Maria, dem Hl. Johannes, dem Evangelisten, dem Hl. Josef, dem Hl. Vater Franziskus, dem Hl. Antonius von Padua, der Hl. Maria Magdalene und den Hl. Jungfrauen Barbara und Irmgardis, deren Feste in der zukünftigen Kirche feierlich zu halten sind. Den Zweck der Stiftung beschreibt Virmond so: Es sollen Gottesdienste „zu unserer und der Einwohner und Umwohner Seelen Trost und Heil fleißig verrichtet werden“. Weiter bestimmt er, dass alle „Brüchten (Strafgelder) der Delinquenten (Bestraften) zu Neersen und Anrath“ für die Kirche zu verwenden seien. Das Patronatsrecht behielt er sich und seinen Nachkommen vor.

Zu Beginn des Kirchbaus um 1655 ist von der Erbauung eines Klosters noch keine Rede. Aber spätestens während der Entstehung der Kirche muss sie in Erwägung gezogen worden sein, um den Dienst an der Kirche zu sichern. Virmond bat die Minoriten (mindere Franziskaner-Brüder) der Kölnischen Provinz, Kirche und Kloster zu übernehmen. 1658 kam der Guardian Honorius als erster Oberer des zukünftigen Konvents nach Neersen, um von der Kirche und dem für den Bau eines Klosters vorgesehenen Platzes Besitz zu ergreifen. Obwohl Neersen nun ein eigenes Gotteshaus besaß, wurden die wichtigsten Rechte weiterhin von Anrath ausgeübt. So wurden die Kinder in Anrath getauft und die Toten dort begraben.

Bis 1798 betreuten die Minoriten Kirche und Kloster und entfalteten gottesdienstliche und seelsorgerische Tätigkeiten, die über den Bereich des Ortes weit hinausgingen. In der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts entwickelten sie einen lebhaften Handel mit Vieh, Wein und Lebensmitteln. Der erste Markt, der Halbfasten- oder Schüppenmarkt, wurde vom Kloster bestritten. Kaum hundert Jahre nach der Erbauung der Kirche wurde eine Erweiterung von Kirche und Kloster erwogen, da sich mittlerweile der Ort Neersen vergrößert hatte und viele aus den umliegenden Orten die Gottesdienste hier besuchten. Zwischen 1749 und 1766 wurden die Kirche und das Kloster bis zur Hauptstraße vorgezogen.

Als Folge der französischen Revolution kam auch in Neersen das Wirken der Minoriten zum Erliegen. Durch die Säkularisation wurde das Kloster aufgelöst. Neersen konnte selbständige Pfarre werden. Am 18.9.1798 wurde Quirin Leopold Eggerath der letzte Guardian des Klosters, als erster Pfarrer dieser neuen Pfarre eingeführt. Bei der Pfarrgründung zählte die Gemeinde 1200 Katholiken. Die Franzosen führten zu dieser Zeit in den linksrheinischen Gebieten eine neue Verwaltungsordnung ein. Neersen wurde Kantonsitz, dem 17 Gemeinden angehörten, darunter auch Mönchengladbach und Süchteln. Die politischen und sozialen Ordnungen wurden erneuert, die Kirche in ihrem Wirken eingeengt. Öffentliche Kreuze und Madonnenbilder wurden beseitigt, Neuaufnahmen in die Klöster verboten, die öffentlichen Gottesdienste eingestellt und die kirchlichen Güter eingezogen.

Die Neersener, die lange um eine selbständige Kirchengemeinde gekämpft hatten, traf diese Neuordnung schwer. Sie versuchten deshalb, ihre Kirche zur Kantonkirche erheben zu lassen. Um dies durchzusetzen gaben sie der Kirche einen neuen Pfarrpatron. Für ein halbes Jahrhundert wurde die Kirche dem Hl. Napoleon geweiht. Dieses Patrozinium war einmalig in Deutschland, da es einen Hl. Napoleon nicht gegeben hat. Zum Leidwesen der Neersener zahlte sich die Umbenennung nicht aus; Neersens Kirche wurde nicht Kantonskirche. Reumütig stellten sie zu dieser Zeit die Kirche wieder unter die Schirmherrschaft der „Unbefleckten Empfängnis Mariens“. Dem Armutsideal der Minoriten entsprechend, war die erste Neersener Kirche ein einfacher Bau mit einer flachen Holzdecke. Alles, was dem Schmuck und der Pracht diente, fehlte. Auch ein Kirchturm, wie ihn alle Nachbargemeinden besaßen, widersprach dem Armutsideal.

Mit dem Kloster bildete die Kirche ein langes Rechteck, in dem zwei kleine Höfe und der Kreuzgang eingeschlossen waren. Mit der Pfarrgründung 1798 wurde das Kloster aufgehoben. Von den 11 Mönchen blieben der Guardian und ein Kaplan in Neersen als Seelsorger zurück. Die anderen Mönche halfen in den Nachbargemeinden aus. Die Klostergebäude wurden später der Gemeinde Neersen übertragen und dienten als Verwaltungsgebäude.

Abriss und Neubau
1960 wurden die baufälligen Klostergebäude, sowie das Hauptschiff der zu klein gewordenen Pfarrkirche abgerissen. An ihrer Stelle wurde die neue Pfarrkirche errichtet, die Bischof Dr. Johannes Pohlschneider am 10.9.1962 einweihte. Der Chor der alten Kirche mit dem für die Minoritenkirche charakteristischen Dachreiter blieb erhalten und wurde mit der neuen Kirche verbunden, allerdings durch eine Wand getrennt. Neben der Kirche gab es das Pfarrzentrum „Brücke“ an der Verresstraße als Ort der Begegnung.

Neubau der Kirche - Umbau zur Kirche und zum Pfarrzentrum
In den Jahren 2011 bis 2012 wurde diese neue Pfarrkirche erneut umgebaut. „Alles unter einem Dach“ war dabei das Motto. Seitdem befindet sich der liturgische Raum im vorderen Teil des Gebäudes, der alte Chorraum der Klosterkirche wurde zur Sakraments- und Taufkapelle umgebaut und die trennende Wand zur Kirche eingerissen. Seitdem haben Besucher*innen der Kirche einen freien Blick auf den Tabernakel in der früheren Apsis der alten Klosterkirche. Die Bänke in der Kirche sind halbrund um den Altar angeordnet – ein Bild für die Gemeinde, die sich um diese Mitte, den Altar zum Gottesdienst versammelt und dabei eine Gemeinschaft aus gleichwertigen Menschen bildet. Symbolisch dafür steht auch der Ringleuchter, der diese Kreisform als ursprüngliche Form der Gemeinde aufnimmt.

Der verbliebene Raum der Kirche wurde zum Pfarrzentrum umgebaut, mit unterschiedlich großen Räumen, der Bücherei (KÖB), der Kleiderkammer und der Caritas Pflegestation als Mieter.

Im Pastoralkonzept der GdG Willich für die Pfarre St. Maria heißt es:

„Unsere neue Kirche soll ein Ort des Gottesdienstes und des spirituellen Lebens sein:
Ein Ort, an dem Menschen sich in Gottes Namen versammeln und als Schwestern und Brüder um seinen Tisch stehen und miteinander feiern. Wir wollen Menschen Raum geben, ihren christlichen Glauben zu leben, zu feiern, zu teilen und darüber ins Gespräch zu kommen. Dabei ist es uns wichtig, Gutes und Traditionelles zu bewahren und gleichzeitig offen zu sein für neue Ideen und Formen, den christlichen Glauben zu leben.

Unsere neue Kirche soll ein Ort der Begegnung sein:
Wir verstehen unsere neue Kirche als ein einladendes Haus, dessen Türen grundsätzlich allen Menschen offenstehen. Ein Haus, in dem jede und jeder seinen und ihren Platz finden und Ideen in die Tat umsetzen kann. Ein Haus, das ein Zeichen der Geschwisterlichkeit und Solidarität ist, mit Menschen aller Generationen und in verschiedenen Lebenssituationen. Dabei sind wir offen gegenüber Menschen, die einer anderen Kirche angehören, einen anderen Glauben leben oder sich schwer tun mit unserer Kirche und unserem Glauben.

Unsere neue Kirche soll ein Ort des karitativen Handelns sein:
Ein Ort an dem sich Menschen für Menschen einsetzen, besonders für Menschen in Not. Dabei sehen wir es als unsere Aufgabe an, diesen Menschen bei zu stehen und ihnen so zu helfen, wie es uns möglich ist.

Unsere neue Kirche soll ein Ort des Pilgerns sein:
Wir verstehen uns als Kirche von Menschen, die miteinander auf dem Weg sind, dabei Leben und Erfahrungen teilen und sich gegenseitig stützen und begleiten.“

In diesem Sinne werden die neue Kirche und das Pfarrzentrum heute von vielen Menschen aus der Pfarrgemeinde und darüber hinaus genutzt. Hier treffen sich kirchliche Gruppierungen, Nachbarschaften und Vereine, die Willicher Tafel nutzt das Gebäude, es finden Näh- und Bastelgruppen und vieles mehr statt.

 

Stiftung St. Maria

Im Jahre 2006 wurde eine weltliche Stiftung gegründet. Die Stiftung sorgt für die ordnungsgemäßen Erledigungen der Stiftungsauflagen der Stifter. Darüber hinaus werden aus (mit) den Stiftungserträgen kirchliche und caritative Projekte im Gebiet der Pfarre St. Maria Neersen unterstützt.

 

Förderverein

Der in unserer Gemeinde bestehende Förderverein St. Maria Neersen ist ein eingetragener Verein. Zweck des Vereins ist die finanzielle Förderung der Kath. Kirchengemeinde St. Maria Neersen und deren Unterstützung in der Erfüllung ihrer Aufgaben.

Möchten Sie zum Beispiel
• das die Ferienspiele weiter stattfinden
• unsere Bücherei regelmäßig neue Bücher bestellen kann
• die Kinder- und Messdienerarbeit fortgeführt wird
• pastorale Ideen umgesetzt werden
• usw., usw., usw.

Dann brauchen wir Ihre Hilfe. Insbesondere die gesellschaftlichen und demographischen Entwicklungen und die Veränderungen im Steuersystem verschlechtern die Einnahmesituation der Gemeinde sehr deutlich. Prioritäten müssen neu gesetzt, Schwerpunkte neu definiert und das ehrenamtliche Engagement in der Gemeinde erweitert werden.
Sie können die Arbeit des Fördervereins finanziell durch Ihre Spende unterstützen. Spenden können Sie

• im Pfarrbüro abgeben,
• auf das Konto 4110533018 bei der Volksbank Mönchengladbach, BLZ 31060517, überweisen.

Kapelle Klein-Jerusalem

In den Jahren 1654-61 ließ Gerhard Vynhoven (1596-1674) die Kapelle Klein-Jerusalem nach mehreren Reisen ins Heilige Land in der Nähe seines Geburtshauses erbauen. Als Pfarrer in Osterath und Feldkaplan Jan von Werths hatte er die Verwüstungen und Leiden des Dreißigjährigen Krieges durch litten. Seine Idee bestand in einer möglichst getreuen Nachbildung der heiligen Stätten von Bethlehem und Jerusalem, um so den von Leid und Not erschütterten Menschen nach dem großen Krieg „die ersten und letzten Tage des Herrn anschaulich vor ihre Seelen zu stellen“. Die Betrachtung des Lebens und Leidens Jesu sollte dem betrachtendem Wallfahrer Antwort und Deutung auf die oft bedrängende Frage nach dem Sinn seines persönlichen Schicksals geben. Im 17. Und 18. Jahrhundert erfreute sich die Wallfahrt großer Beliebtheit am gesamten Niederrhein.

Betritt der Wallfahrer die Kapelle, so gelangt er zunächst in die Oberkirche, die beherrscht wird von der Kreuzigungsgruppe und Grabkapelle. Die durch ihre Größe besonders eindrucksvolle Kreuzigungsgruppe ist eine Komposition aus verschiedenen Epochen. Die unter dem Kreuz stehenden Figuren der Maria und des Johannes sowie die beiden vor dem Kreuz stehenden Frauenfiguren z.B. wurden im 16. Jahrhundert in Flandern gefertigt. Gegenüber der Kreuzigungsgruppe, am anderen Ende des Raumes, befindet sich das Modell des Heiligen Grabes aus dem Jahre 1661. Es ist eine Nachbildung des Grabes Jesu in der Grabkirche von Jerusalem vor dem großen Brand im Jahre 1808.

Wesentliche Bestandteile der Unterkirche sind die Nachbildung der Geburtsgrotte und der Krippennische mit dem Dreikönigsaltar entsprechend der Geburtskirche in Bethlehem und das Grab des Erbauers Gerhard Vinhoven. Die Unterkirche umrahmen drei kleine Kapellen teilweise mit ihrer alten Ausstattung. Rund 100 Jahre nach dem Tode des Stifters war es nicht mehr möglich, aus der Stiftung Vinhovens die Kapelle instand zu halten. Das Gebäude war stark beschädigt. Die Minoriten, die in Neersen eine kleine Niederlassung besaßen, retteten die Kapelle und die Wallfahrt.

Eine zweite Krise erlebte Klein-Jerusalem in der Franzosenzeit von 1794 bis 1814. Die Franzosen verfügten 1802, dass alle geistlichen Güter, so auch die Kapelle und das Neersener Minoritenkloster in den Besitz des Staates übergingen. Der Neersener Gastwirt konnte sie 1804 im Auftrag des Kirchenvorstandes zurückerwerben. Die Wallfahrt blühte wieder auf. Von dieser Blüte künden Prozessionsschilder aus der Gegend von Geldern am Hl. Grab. In den letzten Jahrzehnten wurde die Kapelle umfassend renoviert. Seit dieser Restaurierung erlebt die Kapelle ein ständig wachsendes Interesse der Öffentlichkeit. Tausende Besucher erfreuen sich jährlich an diesem einzigartigen Bauwerk des Niederrheins.

Ein Gottesdienst findet in der Kapelle jeweils freitags um 18.30 Uhr statt. Auch am Fest Christi Himmelfahrt und am Antoniustag wird dort Hl. Messe gefeiert. Sie ist auch als „Hochzeitskirche“ sehr beliebt.

Seit vielen Jahren setzt sich die Interessengemeinschaft Klein-Jerusalem
für die Kapelle ein. Sie bietet auch Führungen an. Hierzu erhalten Sie weitere Informationen im Pfarrbüro, Telefon 02156/ 5205.
Homepage der "Interessengemeinschaft Kapelle Klein Jerusalem":
http://ig-kapelle-klein-jerusalem.de/